Depressionen und Angststörungen sind mit unterschiedlichen Allergieformen assoziiert. Menschen mit saisonalen Allergien gegen Gräser- oder Baumpollen leiden beispielsweise häufiger an generalisierten Angststörungen, wohingegen Personen mit ganzjährigen Allergien, wie gegen Tier-haare oder Hausstaub, vermehrt von Depressionen betroffen sind. Andere Allergien, etwa durch Nahrungsmittel, lassen keinen Zusammenhang zu den beiden psychischen Erkrankungen erkennen. Zu diesen Ergebnissen kam eine Studie, die eine Arbeitsgruppe des Universitären Zentrums für Gesundheitswissenschaften am Klinikum Augsburg (UNIKA-T) um Prof. Claudia Traidl-Hoffmann durchführte.
Mögliche Verbindungen zwischen psychosozialen Faktoren und allergischen Erkrankungen gelten als wichtiges Feld der Gesundheitsforschung, konnten aber in ihrer Komplexität bislang nur unzureichend aufgeklärt werden, so Traidl-Hoffmann, UNIKA-T-Direktorin und Professorin für Umweltmedizin an der TU München. Die Studie bezog ihre Basisinformationen aus dem Langzeitprojekt der KORA-Studien (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg). Daraus wurden die Daten von 1.782 Probanden im Alter von 39 bis 88 Jahren (Durchschnitt 61 Jahre, 51,1 Prozent Frauen), die anhand schriftlicher Befragungen als auch klinischer Untersuchungen gewonnen wurden, von Katharina Harter, Erstautorin der Publikation, zusammen mit dem UNIKA-T-Team ausgewertet.
Symptomdauer und psychische Faktoren im Fokus
Als Besonderheit hoben die Forscher die Methodik ihrer Studie hervor. Diese konzentrierte sich nicht auf einzelne Krankheitsbilder wie Asthma, Heuschnupfen oder Hautallergien, sondern auf die Symptomdauer und die mögliche Ursache der Überempfindlichkeit. Zu diesem Zweck teilten die Untersucher die Probanden nach unterschiedlichen Allergieformen ein:
- saisonale Pollenallergien,
- perenniale Allergien durch Tierhaare oder Hausstaubmilben sowie
- andere Allergiearten durch Nahrungsmittel oder Medikamente.
Etwa ein Viertel der Befragten (27,4 Prozent) berichtete, an Allergien zu leiden, davon 7,7 Prozent an ganzjährigen, 6,1 Prozent an saisonalen Allergien und 13,6 Prozent an anderen Formen allergischer Reaktionen. Bei den psychosozialen Faktoren lag der Fokus der Untersuchung auf Depressionen, generalisierten Angsterkrankungen und akutem mentalen Stress.
Die Ergebnisse der Analyse zeigten einen statistisch positiven Zusammenhang zwischen generalisierten Angststörungen und saisonalen Allergien, nicht aber ganzjährigen Allergien. Diese traten bei den Angsterkrankten sogar statistisch seltener auf. Als Erklärung hielten es die Untersucher für möglich, dass Personen mit andauernden Allergien Stressverarbeitungsstrategien entwickelt hatten, die sie vor Angststörungen schützten. Bei den ganzjährigen Allergien gab es dagegen einen positiven Zusammenhang mit Depressionen und depressiven Phasen.Allerdings ließ der Studienaufbau offen, ob Allergien die Neigung zu Depressionen erhöhten oder ob eine Depression ihrerseits einen Risikofaktor für Allergien darstellte. Als überraschend bezeichneten es die Forscher, dass in der Studie das Auftreten von Nahrungsmittel- oder Medikamentenallergien nicht oder nur geringfügig von psychischen Faktoren beeinflusst wurde.
Die Aussagefähigkeit der Studienergebnisse ist nach eigenen Angaben der UNIKA-T-Wissenschaftler in einzelnen Punkten begrenzt. Dazu gehört das hohe Teilnehmerdurchschnittsalter von 61 Jahren sowie die Tatsache, dass die Allergiediagnosen nicht labortechnisch geprüft waren.
Patienten mit saisonalen Allergien neigen zu Depression und Angststörungen.
Bildnachweis: AdobeStock_79900287_absolutimages
Dr. Dagmar van Thiel
PK 2/2020
Quelle: Harter K et al. Int Arch Allergy Immunol. 2019;179,4:262-272. doi: 10.1159/000499042
Pressemitteilung der Technischen Universität München (www.tum.de)