Neue Studiendaten legen eine Verbindung zwischen permanent verkürzten Schlafperioden in den mittleren Lebensjahren und dem Vorkommen von Demenzerkrankungen im höheren Alter nahe. Die Untersuchungsergebnisse französischer und britischer Forscher untermauern damit auch den Zusammenhang zwischen Schlafhygiene des Menschen und seiner Gesundheit. Weltweit werden jedes Jahr zehn Millionen neue Fälle von Demenz, wie die Alzheimer Krankheit, gemeldet. Zwar stellen Schlafstörungen ohnehin ein häufiges Merkmal demenzieller Syndrome dar, jedoch mehren sich Berichte, die darauf hindeuten, dass eine geringere Dauer der Schlafphasen bereits lange vor dem Auftreten einer Demenz zur Entwicklung der Krankheit beitragen kann. Eine Korrelation zwischen Schlafdauer in früheren Lebensphasen und der Demenzinzidenz im Alter konnte allerdings bisher nicht wissenschaftlich belegt werden. Deshalb analysierten die Wissenschaftler unter Leitung von Severine Sabia, PhD, von INSERM (Institut national de la santé et de la recherche médicale) und der Université de Paris in Kooperation mit dem University College London die Daten von 7.959 Teilnehmern der Whitehall II-Studie, einer prospektiven Kohortenstudie zur Bevölkerungsgesundheit, die einen Überblick über ein 25-jähriges Follow-up erlaubte. In diesem Kollektiv wurden im Rahmen der Studie 521 Fälle von Demenz diagnostiziert.
Die Bedeutung der Schlafhygiene für die Hirngesundheit wurde bislang zu wenig beachtet.
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Zwischen 1985 (Alter der Studienprobanden: 35 bis 55 Jahre) und 2015 (Alter: 63 bis 86 Jahre) haben die Teilnehmer sechsmal die Schlafdauer selbst eingeschätzt, sodass für jeden Daten zu den Schlafzeiten im Alter von 50, 60 und 70 Jahren zur Verfügung standen. Im Jahr 2012 trugen rund 3.900 von ihnen auch nachts eine Uhr mit Beschleunigungsmesser, einem Akzelerometer zur objektiven Erfassung der körperlichen Aktivität, um die Genauigkeit der subjektiven Einschätzungen zu überprüfen. Im Endergebnis offenbarte die Studie ein um 20 bis 40 Prozent höheres Demenzrisiko bei Menschen mit einer Schlafdauer von sechs Stunden und weniger pro Nacht in den Altersstufen von 50 bis 60 Jahren. Außerdem wurde ein erhöhtes Demenzrisiko von 30 Prozent bei Personen zwischen 50 und 70 Jahren, die systematisch eine kurze Schlafdauer aufwiesen, beobachtet, unabhängig von kardiovaskulären, metabolischen oder psychischen Gesundheitsproblemen, welche Risikofaktoren für Demenz darstellen können. Die Ergebnisse wurden in der Unterkohorte der 3.900 Teilnehmer, bei denen die Schlafdauer objektiv anhand der Akzelerometers gemessen wurde, bestätigt.
Nächtliche Blaulichtexposition z. B. von Smartphones stört den physiologischen Schlaf-Wach-Zyklus.
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Schlafhygiene steht zunehmend im Fokus der Wissenschaft
Abweichungen in den Schlafmustern kommen bei Personen mit Alzheimer-Demenz und anderen Demenzen häufig vor. Es wird angenommen, dass diese Veränderungen mit Dysregulationen der Schlaf-Wach-Zyklen zusammenhängen, die wiederum auf pathophysiologische Prozesse der Demenz zurückgehen, insbesondere auf solche, die den Hypothalamus und den Hirnstamm betreffen. Neben solchen Schlafstörungen ist in der letzten Zeit das Interesse am Zusammenhang zwischen Schlafdauer und Demenz gewachsen. Frühere Beobachtungsstudien zeigten, dass sowohl kurze als auch lange Schlafperioden mit einem erhöhten Risiko für kognitive Leistungseinbußen und Demenz verbunden waren. Einige Studien berichteten, dass auch bei älteren Erwachsenen Veränderungen der Schlafdauer mit einem Demenzrisiko assoziiert waren. Die Seniorautorin der aktuellen Studie, Dr. Archana Singh-Manoux, unterstrich in einer wissenschaftlichen Pressemitteilung die Bedeutung ihrer Studienergebnisse: „Wir wissen, dass Schlaf für unsere Gehirngesundheit wichtig ist, da er an Lern- und Gedächtnisleistungen und an der Beseitigung von Stoffwechsel-Abfallprodukten aus dem Gehirn beteiligt ist sowie an der Fähigkeit unserer Gehirnzellen, gesund zu bleiben. Ein besseres Verständnis dafür, wie Schlafmerkmale unser Demenzrisiko beeinflussen, ist erforderlich, da dies Forschern helfen könnte, neue Wege zu entwickeln, um das Risiko einer Demenz zu reduzieren oder ihr Fortschreiten zu verzögern.“ Die Erstautorin Sabia ergänzte: „Diese Ergebnisse bestätigen die Bedeutung der Schlafhygiene für die Gesundheit.” Sie plädiert ebenfalls dafür, weitere Studien durchzuführen, in die auch Personen mit langen Schlafperioden einbezogen werden, um die Rolle der Schlafdauer als mögliches Demenzrisiko weiter zu entschlüsseln.
Dr. Dagmar van Thiel
Quelle: Sabia S et al. Association of sleep duration in middle and old age with incidence of dementia. Nat Commun 2021, 12, 2289. doi.org/10.1038/s41467-021-22354-2
PK 6/2021