Neue Erkenntnisse deuten daraufhin, dass ein Zusammenhang zwischen häufig auftretenden entzündlichen Hauterkrankungen und chronischen Nierenschäden besteht. Diese Schlussfolgerung zog eine britisch-israelische Wissenschaftlergruppe aus ihren jüngsten, im British Journal of DermatoIogy publizierten Studienergebnissen.
Für chronische Nierenerkrankungen, an denen bis zu 13 Prozent der Bevölkerung leiden und die zu Nierenversagen und Tod führen können, sind einige Risikofaktoren und Komorbiditäten bekannt, zuvorderst Bluthochdruck und Diabetes mellitus. In jüngster Zeit verstärkt sich jetzt der Verdacht, dass auch zwischen Nierenerkrankungen und inflammatorischen Dermatosen eine Assoziation besteht. Anhand ihrer neuen Untersuchungen wollte das Forscherteam unter Federführung von Yochai Schonmann vom Department of Quality Measurements and Research in Tel Aviv, Israel, diese Beobachtungen untermauern. Im Detail prüften sie, ob Menschen mit chronischen Nierenerkrankungen der Stadien drei bis fünf (mäßiger Verlust der Nierenfunktion bis Nierenversagen) häufiger von Hauterkrankungen, wie atopischem Ekzem, Psoriasis, Acne inversa (Hidradenitis suppurativa) und Rosacea, betroffen sind als Menschen ohne renale Funktionseinschränkungen. Die Wissenschaftler führten zwei sich ergänzende Analysen durch, nämlich eine Fall-Kontroll-Studie und eine Kohortenstudie. Als Basismaterial verwendeten sie Informationen aus einer großen Datenbank, der UK Clinical Practice Research Datalink (CPRD). Dieser umfangreiche Fundus ermöglichte einen Vergleich der Daten von über 56.000 Erwachsenen mit fortgeschrittenen Nierenerkrankungen und über 268.000 Personen mit intakten Nieren, jeweils mit und ohne entzündliche Hauterkrankungen. Dabei wurden die Risikofaktoren Alter, Geschlecht, medizinischer Deprivation Score, Diabetes, Rauchen, schädlicher Alkoholkonsum und Fettleibigkeit berücksichtigt und die Berechnungen entsprechend adjustiert.
Chronische Niereninsuffizienz erhöht die Wahrscheinlichkeit
Die Auswertung der Ergebnisse zeigte, dass bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz der Stadien drei bis fünf deutlich höhere Wahrscheinlichkeiten für das Vorliegen
- eines atopischen Ekzems (14 Prozent),
- einer Psoriasis (13 Prozent) und
- einer Acne inversa (49 Prozent)
bestanden, verglichen mit Personen ohne Einschränkung der Nierenfunktion. Weniger wahrscheinlich war dagegen eine Verbindung von Nierenschäden und Rosacea. Eine Beeinflussung der Ergebnisse durch kardiovaskuläre Komorbidität oder Bluthochdruck war nicht nachweisbar. Auch fanden sich in der Kohorte der Personen mit Diabetes {n = 335.827}, die primär für ein gesteigertes Risiko für eine Nephropathie prädestiniert sind, keine Hinweise darauf, dass die Niereninsuffizienz mit einer erhöhten Inzidenz von atopischem Ekzem oder Psoriasis assoziiert war. Zudem konnten nephrotoxische Medikamente nicht als verbindende Faktoren zwischen den Haut- und Nierenerkrankungen ausgemacht werden. Demgegenüber stellte sich eine stärkere Assoziation zwischen einer Nierenschädigung und schwerem atopischem Ekzem sowie schwerer Psoriasis heraus, und zwar konsistent mit der Zunahme des Schweregrades.
Störungen der Nierenfunktion sind aktuellen Studiendaten zufolge häufig mit schwerer Psoriasis und atopischem Ekzem assoziiert.
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Aufgrund ihrer Ergebnisse sind die Autoren in Übereinstimmung mit anderen Wissenschaftlern der Meinung, dass weiterführende Studien zur Erforschung des Zusammenhangs zwischen entzündlichen Hauterkrankungen und chronischen Nierenfunktionsstörungen notwendig sind. Solche Untersuchungen könnten nähere Einblicke in die zugrundliegenden Pathomechanismen liefern sowie Aufschluss über die mögliche Rolle von Hauterkrankungen als Risikoindikator für das Vorliegen von Nierenerkrankungen geben. Darüber hinaus könnten ergänzende Studien helfen, entsprechend gefährdete Bevölkerungsgruppen zu identifizieren. Patienten mit entzündlichen Hautkrankheiten könnten dann von einer regelmäßigen Überwachung der Nierenfunktion ebenso profitieren wie von einer gezielt nierenschonenden medikamentösen Therapie ihrer Dermatosen.
Dr. Dagmar van Thiel
Quelle: Schonmann Y et al. Br J Dermatol 2021; 185 (4): 772-780
PK 1/2022