Einige Tage vor Beginn bis kurz nach Ende der Menstruation tritt bei vielen Frauen ein vielschichtiges Beschwerdebild aus psychischen und physischen Symptomen auf, das als Prämenstruelles Syndrom bezeichnet wird. Unabhängig vom sozialen Umfeld klagen die Frauen über eine gereizte, aggressive, ängstliche, angespannte und/oder depressive Gefühlslage und Kopfschmerzen, Spannungsgefühle in der Brust, Schwellungen und Gewichtszunahme. Die genaue Ursache ist nicht bekannt. Inwieweit eine mehrzyklische Einnahme eines Extrakts aus den Früchten von Vitex agnus castus diese Beschwerden lindern kann, sollte eine randomisierte, doppelblinde und placebokontrollierte Vergleichsstudie an 170 Frauen prüfen, die an der Universitäts-Frauenklinik Gießen und in gynäkologischen Praxen unter der Leitung von Dr. R. Schellenberg nach GCP-Regeln durchgeführt wurde.
Patienten und Methodik
Die 178 Frauen über 18 Jahre (Durchschnittsalter 36 Jahre), mit einer mittleren Zykluslänge von 28 Tagen und einer mittleren Zyklusdauer von 4,5 Tagen wurden in zwei Gruppen randomisiert. Alle haben unter mindestens sechs von zehn im DSM-III angeführten PMS-Symptomen gelitten.
Als Hauptkriterien zählten Gereiztheit, Stimmungsschwankungen, Ärgerlichkeit, Kopfschmerzen, Spannungen in der Brust und das Gefühl der Aufgedunsenheit, die von ihnen auf einer visuellen analogen Werteskala (VAS) von 0 mm (= keine Symptome) bis 10 mm (= unerträgliche Symptome) selbst beurteilt wurden.
Eine genaue medizinische Abklärung erfolgte zu Beginn und am Ende von drei Zyklen als Studieneckpunkten, in denen sie wahlweise täglich eine Tablette mit 20 mg Keuschlamm-Fruchtextrakt (60 Prozent Ethanol, DEV 6-12:1, standardisiert auf Casticin) oder Plazebo einnahmen.
Nicht teilnehmen konnten Schwangere, Stillende und Frauen, die sich gleichzeitig einer Psychotherapie unterzogen, an einer Schilddrüsenerkrankung, Alkohol- oder Tabletten-Abhängigkeit litten oder Sexualhormonpräparate einnahmen. Kontrazeptiva jedoch sollten in der üblichen Dosis weiter genommen werden.
Als Hauptprüfparameter wurde die Addition der Werte, die sich durch die Selbstbeurteilung der Patientinnen auf der Selbstbewertungsskala ergaben, herangezogen. Als Sekundärparameter dienten die Einzelsymptome, die Responderrate (als Responder galten Patientinnen, die eine Abnahme der Symptome um mindestens 50 Prozent auf der VAS aufwiesen) und die klinische Beurteilung.
Ergebnisse
Patientinnen in der Verum Gruppe zeigten im Hauptprüfparameter deutlich stärkere Verbesserung ihrer Beschwerden (-128 mm) als Patientinnen in der Placebogruppe (-78mm). Die Responder-Rate in der Verumgruppe betrug 52 Prozent, in der Placebogruppe 24 Prozent. Die klinische Beurteilung durch die behandelnden Ärzte entsprach diesen Ergebnissen.
Fünf der sechs zu bewertenden Einzelsymptome verbesserten sich unter Einnahme von Agnus-castus-Extrakt im Vergleich zur Placebo signifikant. Am stärksten nahmen Kopfschmerzen, dann Stimmungsschwankungen, Gereiztheit, Ärgerlichkeit und Spannungen in der Brust ab (von –11,9 bis –9,2 mm), während die übrigen DMS-III-Symptome praktisch unverändert blieben. Eine Subgruppenanalyse der Frauen, die gleichzeitig Anti-Baby-Pillen einnahmen, ergab, dass diese die Ergebnisse nicht beeinflussten.
Die Behandlung wurde generell als sehr gut verträglich beurteilt.
Fazit: Die Studie konnte zeigen, dass die Einnahme des Agnus castus-Extraktes bereits nach drei Zyklen bei mehr als der Hälfte der behandelten Frauen einen Rückgang der Symptome um mindestens 50 Prozent bewirkte und damit Placebo signifikant überlegen war. Die Behandlung erwies sich als gut verträglich.
(Quelle: R. Schellenberg: Treatment for the Premenstrual syndrom with agnus castus fruit extract: prospective, randomised, placebo controlled study. British Medical Journal 2001; Bd. 322:134-137)