Der Konsum von rotem Fleisch steht seit langem im Verdacht, das kardiovaskuläre Risiko zu erhöhen. Bildnachweis: AdobeStock_210060447_Mikhaylovskiy
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Männer, die auf ihrem Speiseplan rotes Fleisch durch pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Nüsse oder Soja ersetzen, verringern damit das Risiko, eine koronare Herzkrankheit (KHK) zu erleiden oder sogar daran zu versterben. Auch der Ersatz von rotem Fleisch durch Vollkornnahrungsmittel und Milchprodukte sowie der Verzehr von Eiern anstatt verarbeiteten roten Fleisches kann dieses Risiko verringern. Diese seit langem angenommenen Zusammenhänge untermauerten kürzlich Walter C. Willett, Professor für Epidemiologie und Ernährung, und sein Team von der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston/USA, anhand einer umfangreichen Datenanalyse. Die Ergebnisse der Bostoner Wissenschaftler bezogen sich speziell auf männliche US-Amerikaner. Sie vermittelten einen Überblick über einen Datenpool von 43.272 Männern aus der Health Professionals Follow-Up Study (HPFS) über einen Beobachtungszeitraum von mittlerweile rund 30 Jahren. Die Teilnehmer mit einem Durchschnittsalter von 53 Jahren, die beim Start der Studie frei von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs waren, füllten zu Studienbeginn im Jahre 1986 und anschließend alle vier Jahre einen detaillierten Ernährungsfragebogen aus und gaben über ihre Krankengeschichte und ihren Lebensstil Auskunft. Zudem wurden die Krankenakten als Informationsquellen verwendet, um tödliche und nicht-tödliche kardiovaskuläre Ereignisse zu erfassen.

Ziel der prospektiven Langzeit-Kohortenstudie HPFS ist es, eine Reihe von Hypothesen über die Gesundheit von Männern zu bewerten, wonach Ernährungs- und Lebensstilfaktoren mit der Inzidenz schwerer Krankheiten wie Krebs, Herz-Kreislauf- und anderen vaskulären Erkrankungen in Beziehung stehen können. Die Studie, deren Teilnehmer Männer aus medizinischen Fachberufen sind, ergänzt die seit 1976 laufende Nurses’ Health Study (NHS), die ähnliche Hypothesen bei Krankenschwestern untersucht und inzwischen Daten von mehr als 280.000 Teilnehmerinnen gesammelt hat. Das Konzept dieser Studien erlaubt es, wiederholt Messgrößen zu bestimmen und deren Langzeitentwicklung zu verfolgen.

 

Hülsenfrüchte enthalten wertvolle pflanzliche Proteine und eignen sich gut als Fleischersatz. Bildnachweis: AdobeStock_139639492_piyaset

Hülsenfrüchte enthalten wertvolle pflanzliche Proteine und eignen sich gut als Fleischersatz.

Bildnachweis: AdobeStock_139639492_piyaset

 

Teils uneinheitliche Ergebnisse in früheren Studien

In der Vergangenheit gab es bereits aus randomisierten Untersuchungen und Beobachtungsstudien deutliche Hinweise darauf, dass ein hoher Verzehr von rotem Fleisch, insbesondere aber von verarbeitetem rotem Fleisch, mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko und schweren chronischen Krankheiten verbunden ist, einschließlich KHK. Das Phänomen war jedoch in asiatischen Bevölkerungsgruppen, die wenig rotes Fleisch verzehren, nicht nachzuweisen, ebenso wenig in Populationen, in denen der Konsum von rotem Fleisch erst in jüngster Zeit zugenommen hatte. Diese Ungereimtheiten könnten nach Ansicht der Bostoner Wissenschaftler auf mehrere Variablen zurückzuführen sein, zum Beispiel auf unterschiedliche Mengen und die Dauer des Verzehrs von rotem Fleisch in verschiedenen Populationen. Auch eine unzureichende Unterscheidung zwischen verarbeiteten und unverarbeiteten Produkten in den Studien und besonders auch Unterschiede in den Quellen der Vergleichsnahrungsmittel könnten dafür verantwortlich gewesen sein. So merkten die Bostoner Forscher an, dass viele Bevölkerungsgruppen ihren Energiebedarf mit raffinierten Stärken, Zucker, Kartoffeln und stark gesättigten oder teilweise hydrierten Fetten decken. Folglich würde der Verzehr von rotem Fleisch auch mit diesen suboptimalen Energiequellen verglichen und zu verzerrten Ergebnissen führen.

 

Der Konsum von rotem Fleisch steht seit langem im Verdacht, das kardiovaskuläre Risiko zu erhöhen. Bildnachweis: AdobeStock_210060447_Mikhaylovskiy

Der Konsum von rotem Fleisch steht seit langem im Verdacht, das kardiovaskuläre Risiko zu erhöhen.

Bildnachweis: AdobeStock_210060447_Mikhaylovskiy

 

Die neue Datenauswertung der HPFS widmete sich deshalb der Frage, ob der Verzehr von rotem Fleisch (Rind, Schwein, Schaf oder Wild im Gegensatz zu weißem Fleisch von Geflügel), in unverarbeiteter oder verarbeiteter Form (etwa Speck, Hot Dogs, Würstchen oder Salami), das Risiko einer KHK steigert und welche Auswirkungen vergleichsweise die Substitution von Proteinen aus anderen, pflanzlichen Nahrungsquellen auf das KHK-Risiko hat. Als primärer Studienendpunkt wurde die koronare Herzkrankheit, einschließlich akuter tödlicher und nicht-tödlicher Myokardinfarkte, festgelegt. Insgesamt schloss die Analyse 1.023.872 Personenjahre und 4.456 dokumentierte kardiovaskuläre Ereignisse ein, von denen 1.860 tödlich verliefen.

Nach statistisch multivariater Anpassung ernährungsbedingter und nicht-ernährungsbedingter Risikofaktoren zeigte sich, dass insgesamt jede Portion rotes Fleisch pro Tag mit einem um zwölf Prozent höheren KHK-Risiko verbunden war. Ähnliche Assoziationen wurden differenziert für unverarbeitetes (elf Prozent höheres Risiko) und verarbeitetes rotes Fleisch (15 Prozent höheres Risiko) festgestellt. Im Vergleich dazu war eine Portion kombinierter pflanzlicher Proteine, wie Nüsse, Soja und Hülsenfrüchte (z. B. Erbsen, Bohnen oder Linsen) pro Tag mit einem um 14 Prozent geringeren Risiko für KHK verbunden.

 

Ältere Männer profitieren besonders von pflanzlicher Kost

Diese vorteilhafte Assoziation bezüglich pflanzlicher Energiequellen war bei älteren Männern besonders stark ausgeprägt:

Das Risiko verringerte sich im Vergleich zum Verzehr von unverarbeitetem rotem Fleisch bei den über 65-Jährigen um insgesamt 18 Prozent„ und im Vergleich zu verarbeitetem rotem Fleisch um 17 Prozent.

Der Ersatz von rotem Fleisch durch Vollkorn- und Milchprodukte führte ebenfalls zu einem geringeren KHK-Risiko. Gleiches fand sich für den Ersatz von verarbeitetem rotem Fleisch durch Eier. Besonders deutlich fiel diese Assoziation wiederum bei jüngeren Männern aus, bei denen der Verzicht von rotem Fleisch zugunsten von Eiern ein um 20 Prozent geringeres KHK-Risiko ausmachte.

 

Von vorwiegend pflanzlicher Kost können vor allem ältere Männer profitieren. Bildnachweis: AdobeStock_269214264_the faces

Von vorwiegend pflanzlicher Kost können vor allem ältere Männer profitieren.

Bildnachweis: AdobeStock_269214264_the faces

 

Die neuen Ergebnisse der HPFS-Studie stimmen mit dem beobachteten negativen Effekt des Verzehrs von rotem Fleisch auf die LDL-Cholesterin-Spiegel im Blut überein, so die Autoren. Die Befunde bestätigen auch, dass es einen gesundheitlichen Nutzen bringt, wenn der Verzehr von rotem Fleisch begrenzt und durch pflanzliche Proteine, etwa aus Hülsenfrüchten, Nüssen und Soja, ersetzt wird. Zur Beurteilung der Vorteile einer Substitution von rotem Fleisch durch Milchprodukte und Eier empfehlen die Autoren weitere Studien mit anderen Kohorten, um allgemeine Schlussfolgerungen daraus ziehen zu können.

 

Dr. Dagmar van Thiel

 

Quelle: Al-Shaar L et al. Red meat intake and risk of coronary heart disease among US men: prospective cohort study. BMJ 2020;371:m4141. doi:https://doi.org/10.1136/bmj.m4141

 

PK 4/2021