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Die Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern in den ersten sechs Monaten mit Antibiotika könnte über eine Störung der Darmflora die Entwicklung von Allergien gegen Nahrungsmittel begünstigen. Zu diesem Ergebnis kommt eine retrospektive bevölkerungsbasierte Kohortenstudie, die an der Universität South Carolina in Columbia durchgeführt wurde.

Die häufigsten Auslöser einer Nahrungsmittelallergie sind bei Kindern und Jugendlichen Milch- und Hühnereiweiß, Soja, Weizen, Erdnuss und Walnüsse, bei Erwachsenen pollenassoziierte Nahrungsmittelallergene wie Apfel und anderes Kern- und Steinobst inklusive Hartschalenobst, Sellerie, Möhre sowie Weizen, Krusten- und Schalentiere. Nahrungsmittelallergien führen zu einer Einschränkung der Lebensqualität der Betroffenen und können in manchen Fällen sogar tödlich verlaufen. Die Prävalenz von Nahrungsmittelallergien ist regional unterschiedlich und in einigen Ländern in den letzten Jahren deutlich angestiegen. So hat sich in den USA die Häufigkeit der Erdnuss- und Baumnussallergie in den letzten Jahrzehnten verdreifacht (Sicherer SH, et al., J Allergy Clin Immunol 2007; 120: 491– 503; quiz 4–5). Laut einer aktuellen Studie liegt die Prävalenz von Nahrungsmittelallergien bei US-amerikanischen Kindern bei 7,6 Prozent (Gupta RS, et al., Pediatrics. 2018; 142 (6): e20181235).

 

 Antibiotika werden zu häufig und unkritisch verordnet

Auch in Deutschland ergab eine Untersuchung aus dem Jahre 2004 eine Prävalenz der Nahrungsmittelallergie, gesichert durch doppelblinde, placebo-kontrollierte Nahrungsmittelprovokation, von 3,7 Prozent bei Erwachsenen und von 4,2 Prozent bei Kindern (Zuberbier T. et al., Allergy 2004; 59: 338–45 ).

Gegenwärtig werden Kindern im Altersabschnitt von drei Monaten bis drei Jahren in den USA durchschnittlich 2,2mal Antibiotika verordnet. Die hohe Rate der Verordnungen könnte die erhöhte Inzidenz von Nahrungsmittelallergien bei Kindern erklären. Dem wollten der klinische Pharmakologe Prof. Dr. Bryan Love und seine Kollegen auf den Grund gehen.

 

Erdnüsse gehören zu den häufigsten Auslösern von Nahrungsmittelallergien.

Bildnachweis: fotolia_250511017 PANDA

 

Sie werteten für ihre Studie die Daten von 500.647 Kindern aus, die im Jahr 2006 in insgesamt 28 Bundesstaaten der USA geboren und innerhalb des ersten Lebensjahrs mit einem Antibiotikum behandelt worden waren. Als Kontrollgruppe diente den Wissenschaftlern eine gleiche Anzahl nicht mit Antibiotika behandelter Kinder.

Nach Berücksichtigung von Einflussfaktoren wie etwa Abstammung, Geschlecht, Wohnort oder bestehende Erkrankungen, beispielsweise Neurodermitis, fanden die Untersucher einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Antibiotikaexposition im ersten Lebensjahr und der Entwicklung einer Nahrungsmittelallergie im Alter von fünf Jahren (Hazard Ratio 1,40; 95Prozent CI 1,34–1,45). Kinder, die im Säuglingsalter mit Antibiotika behandelt wurden, wiesen im Vergleich zum Kontrollkollektiv ein 84 Prozent höheres Risiko auf, in den ersten vier Lebensjahren eine Überempfindlichkeit gegen Eier, Fisch, Milch, Nüsse oder andere Nahrungsmittel zu entwickeln. Außerdem entstand bei ihnen eine Überempfindlichkeit um 40 Prozent schneller. Wie die Wissenschaftler daraus schlussfolgern, scheint eine antibiotische Therapie eine wesentliche Rolle bei der Veränderung der Darmflora zu spielen und auf diese Weise die Entwicklung einer normalen Immuntoleranz gegenüber Antigenen der Nahrung zu beeinträchtigen. Viele Antibiotika werden ohne zwingende Indikation verschrieben, beklagen die Forscher und fordern einen verantwortungsbewussten Einsatz dieser Medikamente besonders bei Säuglingen und Kleinkindern. Für den eindeutigen Nachweis eines kausalen Zusammenhangs seien jedoch weitere, prospektive Studien nötig, so die Autoren.

Gewissheit, ob ein solcher Zusammenhang wirklich besteht, könnten nur doppelblinde randomisierte Studien geben, die sich allerdings aus ethischen Gründen verbieten. Niemand wird gesunden Kleinkindern Antibiotika verabreichen. Genauso wenig ist es zulässig, Kindern aus Forschungsgründen Antibiotika vorzuenthalten, wenn sie medizinisch notwendig sind.

 

Ladislaus Kuthy

PK 5/2019

 

Quelle: Li M. et al.: „Antibiotic Exposure and the Risk of Food Allergy: Evidence in the US Medicaid Pediatric Population“, J. Allergy Clin. Immunol. Pract. 2019 Februar; 7 (2): 492–499. doi: 10.1016 / j.jaip. 2018.09.036. Epub 2018 20. November.