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Der Pseudokrupp ist eine Erkrankung, die bevorzugt während der Erkältungs-Saison in der kalten Jahreszeit auftritt und vor allem das Kleinkindalter betrifft. Die Erkrankung verläuft zwar trotz vielfach heftiger und besorgniserregender Symptomatik in den meisten Fällen gutartig, mitunter aber auch unberechenbar. In seltenen Fällen kann sich in relativ kurzer Zeit eine schwere Atemnot entwickeln, ein Geschehen, das dann eine rasche therapeutische Intervention erfordert.

Stridor bei der Einatmung gepaart mit bellendem Husten ist das Kennzeichen des Pseudokrupps. Das subglottische lockere Bindegewebe schwillt ödematös an und verengt diesen Trachealabschnitt, sodass es zu dem charakteristischen ziehenden Atemgeräusch kommt (Olaf Michel, Atem(neben)geräusche richtig interpretieren; HNO-Nachrichten 2019: 49 (3), 30–33). Als „echter“ Krupp wurde früher die Kehlkopfdiphtherie bezeichnet, die gleichfalls mit Stridor und bellendem Husten einhergeht. Die Krankheit ist heute jedoch aufgrund der Impfmöglichkeit gegen Corynebakterium diphtheriae in Westeuropa selten geworden. In beiden Fällen kommt es zur Einengung der Luftwege, die zur Atemnot führen kann. Der Pseudokrupp (auch Krupp-Syndrom, Krupphusten, viraler Krupp, Infektkrupp oder Kehlkopf-Katarrh genannt) tritt fast ausschließlich nachts auf. In der Regel geht eine leichte Erkältung mit Halsweh und Schnupfen voraus, deren Ursache meist eine Virusinfektion, aber auch eine allergische Reaktion sein kann.

„Die häufigsten Erreger sind Parainfluenza- und Influenzaviren, aber auch andere respiratorisch wirksame Viren können auslösend sein“, erläutert Prof. Dr. Oliver Kaschke, Chefarzt der Abteilung für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten, Plastische Gesichts- und Halschirurgie des Sankt Gertrauden Krankenhauses Berlin. „Begünstigend wirken starke Luftverschmutzung, passives Rauchen und Witterungseinflüsse wie feuchte Inversionswetterlagen“. Die Häufung im Herbst und im Winter ist auf vermehrte Infektionen mit Erkältungsviren zurückzuführen. Das hauptsächlich nächtliche Auftreten der Erkrankung erklärt sich wahrscheinlich aus der zirkadianen Kortisolrhythmik, die ein Minimum zwischen 24 und 4 Uhr aufweist, vermutet Kaschke: „Eine damit verminderte endogene Kortisolproduktion behindert eine ausreichende Entzündungsabwehr“ (Kaschke O., Akute Atemnot bei Kindern, Pädiatrie 2019; 31 (6), 44–49).

 

 

Der Zustand eines Kindes mit Krupphusten kann äußerst dramatisch sein.

Bildnachweis: Africa Studio

 

Besonders Kleinkinder sind betroffen

Die beängstigenden Symptome der Krankheit entstehen dadurch, dass Stimmbänder und die Schleimhäute im Bereich des Kehlkopfes sowie an den darunter liegenden Trachealabschnitten entzündlich geschwollen sind. Der Pseudokrupp tritt vor allem im Kleinkind- und Vorschulalter, am häufigsten Lebensjahr auf. In diesem Alter sind die anatomischen Verhältnisse im Bereich des Larynx und der Trachea noch sehr eng, gleichzeitig reagieren die Schleimhäute der Kinder besonders heftig auf Infektionen und Reizungen. Nach den Daten der großen Gesundheitsuntersuchung KiGGS des Robert Koch-Instituts waren in den vergangenen zwölf Monaten des Untersuchungszeitraums 6,6 Prozent aller Kinder an Pseudokrupp erkrankt (RKI: Lebensphasenspezifische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland 2008). Jungen erkranken mit 8,4 Prozent fast doppelt so häufig an Pseudokrupp wie Mädchen mit 4,6 Prozent.

Trotz der bedrohlichen und Angst erregenden Hustengeräusche verläuft der Krupp-Anfall in der Regel gutartig. Bei manchen Kindern steigert sich die Attacke allerdings zu einem lebensbedrohlichen Zustand. Die Kinder bekommen nur mühsam Luft, sind unruhig, ihr Herz jagt, und die Haut wird zyanotisch. Gelegentlich entsteht sogar der vermeintliche Eindruck einer Besserung, wenn das Kind infolge der Atemnot völlig erschöpft ist. Auch das Bewusstsein kann in diesem Stadium getrübt sein. In solchen Fällen ist eine rasche Intervention erforderlich, und das Kind sollte umgehend in die nächste Klinik gebracht werden. Es wäre falsch und gefährlich, erst auf den Arzt oder ärztlichen Notdienst zu warten. Besonders gefährlich ist die Situation bei einer wenngleich höchst seltenen Form der akuten Kehlkopfentzündung, der Epiglottitis, die durch Hämophilus influenzae verursacht wird. Dabei fehlt zwar meist der Husten, dafür hat das Kind hohes Fieber und eine kloßige Sprache. Bei dieser Krankheit kommt es durch ein geradezu stürmisches Zuschwellen des Epiglottis und seiner Umgebungsstrukturen innerhalb kürzester Zeit zur akuten Atemnot. Wegen ihres bösartigen Verlaufs muss eine Epiglottitis in jedem Fall stationär behandelt werden. Die Erkrankungszahlen sind seit Einführung der von der STIKO empfohlenen HiB-Impfung gegen Haemophilus influenzae Typ B drastisch zurückgegangen.

 

 

Ruhe bewahren und das Kind beruhigen

Hustenmittel helfen bei Krupp-Husten in der Regel nicht. Der wichtigste Rat an die Eltern ist, selbst Ruhe zu bewahren und auch das verstörte, aufgeregte und verkrampfte Kind zu beruhigen. „Angst und Unruhe steigern den Sauerstoffverbrauch, was wiederum die empfundene Luftnot verstärkt“, betont Oliver Kaschke.

Weitere Maßnahmen (nach Empfehlungen der Stiftung Kindergesundheit):

  • Für feuchtkalte Luft sorgen. Wenn nicht gerade Nebel oder Smog herrscht, das Fenster öffnen: Die Nachtluft erleichtert die Atmung.
  • Gleiche Bedingungen erreicht man mit einer sogenannten feuchten Kammer: Das Kind ins Badezimmer tragen, mit der Handbrause heißes Wasser in die Wanne laufen lassen. Das Kind soll die feuchte Luft am besten in aufrechter Haltung einatmen.
  • Ebenfalls hilfreich: Die Kühlschranktür öffnen, damit das Kind die ausströmende kühle Luft einatmen kann. Nach dem Anfall braucht das Kind etwas Kaltes zu trinken, am besten kalten Himbeersaft oder Tee.

 

Keine Immunität und häufige Rezidive

Eine Immunität nach Krupp-Husten gibt es nicht. Da viele Viren als Ursache infrage kommen, ist vor allem in der kalten Jahreszeit mit häufigen neuen Krankheitsschüben zu rechnen. Sobald die Krankheit einmal aufgetreten ist, kann für mögliche neue Krupp-Anfälle ein Kortison-Notfall-Zäpfchen oder ein Saft mit Kortison zum Abschwellen der Schleimhäute verschrieben werden. Hilfreich kann auch ein leichtes Beruhigungsmittel sein, um die Angst des Kindes beim nächsten Krupp-Anfall zu dämpfen. Antibiotika sind aufgrund der viralen Genese der Erkrankung in der Regel nicht indiziert.

Ein Trost für die betroffenen Eltern: Auch Kinder mit wiederholten Pseudokrupp-Episoden „verwachsen“ dieses Problem und sind später gesund. Nach dem dritten Geburtstag des Kindes werden die Krupp-Anfälle meistens leichter, nach dem sechsten hören sie in fast allen Fällen auf, da sich durch das Wachstum auch die anatomischen Größenverhältnisse des Kehlkopfes verändern und die Gefahr einer Verengung nachlässt.

 

Lajos Schöne

PK 5/2020